An die Motoren-Päpste

Hier können technische Probleme aller Art diskutiert werden (vom Lösen elektrischer Probleme bis zur Wahl des richtigen Motoröls)
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Joachim
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An die Motoren-Päpste

Beitrag von Joachim »

Moin,

jetzt ist es soweit. Ich habe mir für diesen Winter meine erste Motor-Komplettsanierung vorgenommen und hoffe auf Eure Unterstützung. Folgende Basis steht bereit:

1300er Motor, 15 Jahre nicht gelaufen, sieht von aussen furchtbar aus, dreht aber noch.

Daraus soll im Laufe des Winters ein Motor werden der vor allem technisch auf einem nahezu neuwertigen Stand ist. Da ich die Motoren zwar inzwischen mit verbundenen Augen tauschen kann, von den Dingen im Inneren aber nicht genug Ahnung habe, habe ich vor die kniffligen Sachen an einen Motoreninstandsetzer zu geben. Trotzdem möchte ich so viel wie möglich selbst machen.

Daher jetzt meine Fragen:

1. Welche Teile würdet Ihr durch Neuteile ersetzen, um ein möglichst gutes Ergebnis zu bekommen?
2. Was sollte der Motorenprofi machen, was kann ich selbst?
3. Muß ich den Motor bis auf die letzte Schraube auseinandernehmen? Bzw. was lasse ich zusammen und bringe es so weg?
4. Gibt es Optimierungen, die ich gleich mit machen lassen sollte wenn ich schon dabei bin (soll kein Extrem-Tuning werden, sonst hätte ich gleich einen anderen Motor genommen)?

Ich bin für alle Tips dankbar!

Grüße aus HH
Joachim
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Thommy124
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Beitrag von Thommy124 »

zu 1: Alle Lager, die Ölpumpe und später auch Zahnriemen und Spannrolle. Je nach Zustand der Zylinderlaufbahnen (schleifen nötig?)und Verschleiß auch die Kolben.
zu 2: Zylinder und ggfs. Kurbelwelle schleifen. Ich glaube allerdings nicht daß das nötig ist. Kurbeltrieb wuchten. Alles andere kannst Du selbst. Ist im Prinzip nicht anders als ein Märklinbaukasten. Nur massiver.
zu 3: Alles auseinander
zu 4: Kurbeltrieb feinwuchten, Ansaugkanäle glätten, evtl Kurbeltrieb moderat erleichtern

Gruß,
Thomas
Grüezi,
Thomas

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Hermann (Ö)
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Beitrag von Hermann (Ö) »

Nix hinzuzufügen ausser:
-Reparaturbuch Fiat 128 besorgen,jeder Teilschritt ist bebildert dargestellt,ebenso kannst du mit diesem Buch die Toleranzen nachmessen und danach reparieren.
-Normalerweise sind der Zylinder und Kurbelwellenverschleiß kaum messbar,daher reichen neue Kolbenringe und sämtliche Lagerschalen.Den Ölpumpenverschleiß kann man auch messen,selten ist Erneuerung notwendig.
-Peinlichste Sauberkeit
-Beim Ausbau der KW-Lagerböcke eine Skizze anfertigen welcher wohin gehört.
-Zylinderkopfschrauben mit höherem Drehmoment als angegeben festziehen.

Hermann
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Querlenker
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Beitrag von Querlenker »

Ich denke auch dass am Kurbeltrieb ausser vielleicht Kurbelwelle polieren nichts gemacht werden muß. Das Feinwuchten war in den mir bekannten Fällen im Nachhinein nicht nötig, die Kurbelwelle war schon so gut gewuchtet.

Es kann aber auch durchaus mal ein Kolben gefressen haben, das ist aber nicht so tragisch, neue Kolben sind nicht sehr teuer. Ame besten läßt Du Dir vom Instandsetzer sagen ob du neue Kolben brauchst, und wenn ja, welches Übermaß.

Zur Optimierung: man könnte das Verdichtungsverhältnis erhöhen. Aber noch wichtiger eigentlich sind die Ventilsitze. Wenn man einen Instandsetzer hat der auch Sportmotoren aufbaut, kann der einem eine schöne 3-fach Sitzbearbeitung machen mit guten Übergängen zu den Kanälen. Das kann wirkliche Verbesserungen bringen.

Beim Zerlegen würde ich viele Fotos schießen und die einzelnen Bauteile und Schrauben die zusammengehören in kleine Kisten packen und beschriften (!).

Grundsätzlich sollte man nicht unbedingt Motoren neu aufbauen und sie dann für lange Zeit in die Ecke stellen (z.B. weil man das Auto dazu noch nicht hat).
Da können die intern wieder zusammenrosten oder die Kolbenringe festbacken. Nur mal so als Schuß ins Blaue, keine Ahnung ob das hier zutrifft :lol:
Sonst eben mit geeignetem Mittel "einmotten".
Gruß Querlenker

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Joachim
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Beitrag von Joachim »

Hallo Jungs,

vielen Dank erstmal für die schnellen Antworten.

Aber nochmal zur Sicherheit: Ich soll wirklich ALLES auseinandernehmen? Auch schon Kolben und Kurbelwelle raus und dann mit der Puzzleteilekiste zum Instandsetzer?

Und was ist mit dem Zylinderkopf? Ausser der von Euch beschriebenen Bearbeitung der Kanäle muß ich den doch zumindest planen lassen wenn er runter war, oder? Ventile brauchen ausser den Schaftdichtungen nicht bearbeitet zu werden?

@Hermann: Wieviel Nm brauchen denn Deiner Ansicht nach die Zylinderkopfschrauben?

Fragen über Fragen...

@Ulix: Gutes Gedächtnis! Nein, zu diesem Motor existiert ein Auto :wink:

Viele Grüße aus HH!
Joachim
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Holgi
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Beitrag von Holgi »

Die Zylinderlaufbuchsen würde ich auf alle Fälle mit 'nem Honwerkzeug bearbeiten (lassen). Es gibt im oberen Brennraumbereich immer Ablagerungen. Werden neue Kolben und Kolbenringe verwendet, dann sollte da keinerlei "Absatz" in der Lauffläche sein.
Zur Not geht das auch selbst (Petroleum als Schleifmittel eignet sich hier):
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Bertone X1/9
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Thommy124
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Beitrag von Thommy124 »

Joachim hat geschrieben:
Aber nochmal zur Sicherheit: Ich soll wirklich ALLES auseinandernehmen? Auch schon Kolben und Kurbelwelle raus und dann mit der Puzzleteilekiste zum Instandsetzer?
Kommt darauf an wieviel Du Dir zutraust. Du kannst auch den Kurbeltrieb drinlassen und alles dem Instandsetzer überlassen. Aber wenn Du mit Meßzeug umgehen kannst und an ne Meßuhr für Zylinderbohrungen (wie heißt'n das Teil korrekt?) herankommst, würd ich alles zerlegen und selbst vermessen.
Die Lagerböcke waren bei meinen Motoren bisher immer mit Schlagzahlen markiert (oder waren das doch nur die Pleuel?), ansonsten wie Hermann sagt deutlich kennzeichnen (z.B. mit Reißnadel markieren) und auch die Einbaulage merken, nicht verdrehen! Wenn die Kolben nicht erneuert werden müßen, kannst Du sie auf den Pleueln lassen, dann gibt es da keine Verwechslungsgefahr. Ich leg so was immer in einem Karton ab, den ich mit Pappstücken in 4 Sektionen unterteile die der Zylindernummer entsprechend gekennzeichet werden. Päckchengröße reicht.
Falls Du die Zylinder durchhonen willst, mußt Du das Honwerkzeug zügig rein und raus bewegen, damit die Honspuren den richtigen Winkel bekommen. Wenn Du zu langsam bist wirds zu flach. Wie groß er korrekte Winkel ist weiß ich nicht auswendig, aber schau mal auf der Homepage von Pierburg und Kolbenschmidt, da gibts sehr gute Unterlagen als pdf-Dowload.
Joachim hat geschrieben: Und was ist mit dem Zylinderkopf? Ausser der von Euch beschriebenen Bearbeitung der Kanäle muß ich den doch zumindest planen lassen wenn er runter war, oder? Ventile brauchen ausser den Schaftdichtungen nicht bearbeitet zu werden?
Noch die Ventile von Ablagerungen säubern und pro Forma neu einschleifen (eigentlich nur zur Gewissensberuhigung), ansonsten wars das. Um Ventilfedern etc sortiert abzulegen eignet sich bestens ein Eierkarton.

Viel Spaß,
Thomas
Grüezi,
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ALQUATI
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Beitrag von ALQUATI »

-Kurbelwellen Blöcke sind strich markiert.
-Pleuel sind markiert mit Zahlen

Die Lagerböcke lassen sich nur an einer Seite wieder montieren.
Werden die Kolben nicht vom Pleuel getrennt, muß du nur auf die Einbaurichtung der Ventiltaschen achten.
fehlende Leistung wird durch Wahnsinn ersetzt
Buckaroo
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Re: An die Motoren-Päpste

Beitrag von Buckaroo »

Joachim hat geschrieben:
1300er Motor, 15 Jahre nicht gelaufen, sieht von aussen furchtbar aus, dreht aber noch.

Daraus soll im Laufe des Winters ein Motor werden der vor allem technisch auf einem nahezu neuwertigen Stand ist.

1. Welche Teile würdet Ihr durch Neuteile ersetzen, um ein möglichst gutes Ergebnis zu bekommen?
2. Was sollte der Motorenprofi machen, was kann ich selbst?
3. Muß ich den Motor bis auf die letzte Schraube auseinandernehmen? Bzw. was lasse ich zusammen und bringe es so weg?
4. Gibt es Optimierungen, die ich gleich mit machen lassen sollte wenn ich schon dabei bin (soll kein Extrem-Tuning werden, sonst hätte ich gleich einen anderen Motor genommen)?

Joachim
da du von neuwertigem zustand redest hätte ich jetzt gesagt neue kolben mit übermaß wären für nen 0 km motor pflicht.

naja so lange keine rostspuren in den zylinderlaufbahnen sind brauchst das ja nicht unbedingt machen :)

also nur das nötigste ja?

1:würde noch die ventilführungen überprüfen lassen, ebenso die ventile selbst. da ist manchmal auch recht hoher verschleiss
2: du kannst alles ausseinander nehmen und gibst den rest ab. wenn du eh auch an tuning denkst, kannste den kolbentrieb auch ruhig zusammen lassen.

3:dann kannst den block komplett abgeben, da der tuner die teile eh alle braucht.den kopf abgeben inkl. ventile. kannst die federn schon rausnehmen wenn du werkzeug dafür hast.
4:
http://gcroft.com/ der kerl hat die oben beschriebene prozedur mit den ventilsitzen sehr gut drauf... und noch mehr, da er dank flowbench das optimalste aus den köpfen raus holt.
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Alex K.
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Beitrag von Alex K. »

Hallo Joachim,

ich habe mir einen Motor mit "0 km" aufgebaut und beschreibe mal kurz, was ich hierzu gemacht habe. Was Du dann schlussendlich machst, bleibr Dir selbst überlassen.

1. Motor komplett zerlegen, auch Ventile raus und komplett und gründlich reinigen, alle Teile begutachten und wenn nötig vermessen.

2. Zylinder vermessen mit ner Innenmessuhr, aber eine mit nur 2 Auflageflächen, um die Unrundheit ebenfalls mit zu messen. Kolbenspiel ist im Werkstatthandbuch oder Haynes beschrieben, Stoßspiel der Kolbenringe max. 2/10 mm. Mit den ermittelten Maßen Übermaßkolben bestimmen (wird bei nem Motor der 15 Jahre stand nötig sein, ich gehe davon aus dass da Rostablagerungen in den Laufbahnen sind).

3. Neuteile besorgen: Lager, Auslassventile (längen sich mit der Zeit), Wasserpumpe, Kolben, Dichtungssatz, Kupplung, Thermostat. Lichtmaschine hab ich auch ne neue (überholte). Riemenräder für Zahnriemen (vor allem das Kurbelwellenseitige) auf Verschleiß prüfen, war bei mir total verschlissen!

4. Motor beim Instandsetzer bohren und honen lassen; Deck sowie Kopf mit Haarlineal prüfen, eventuell planen lassen

5. Kurbelwelle mit Schwungrad und Riemenscheibe montiert wuchten

6. alles zusammenbauen, dabei ALLE Teile vorher vermessen (mit einer Bügelmessschraube und Innenmessuhr), auch die Ventilfedern und das Spiel der Ölpumpe.

7. Tuningmaßnahmen: Kanäle etwas erweitern (lassen), Verdichtung erhöhen (durch abplanen des Kopfes).

In nem Insider habe ich mal beschrieben, wie ich da detailliert vorgegangen bin. Insgesamt habe ich ca. 1000 EUR glaube ich dafür ausgegeben.

Gruß, Alex
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Joachim
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Beitrag von Joachim »

Danke Euch für die vielen hilfreichen Tips!

Handbuch und Camera liegen bereit, dann werde ich am Wochenende mal loslegen.

Habe mich entschlossen den Kurbeltrieb drinzulassen, die notwendigen Messuhren habe ich eh nicht da und dann kann sich der Motoreninstandsetzer auch gleich mit der Kurbelwellenmutter rumplagen. 8)

Ciao Joachim
Acki
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Beitrag von Acki »

Kann man zu lange Ventile nicht wieder kürzen?
Oder macht man die lieber neu weil sie zu dünn werden und abreißen könnten?
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